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Paul Weis – „Gründervater des Schutzes“

Dr. Paul Weis, Foto: UNHCR

Er wurde von den Nationalsozialisten verfolgt, er widmete sein Leben dem
Schutz geflüchteter Menschen, er prägte das internationale Asylrecht – und
trotzdem findet sich sein Gesicht in keinem österreichischen Schulbuch.
Dabei ist es gerade heute wichtig, Paul Weis zu gedenken und sein Beispiel
hochzuhalten.

Geboren wurde Paul Weis am 19. März 1907 als Sohn einer jüdischen
Unternehmerfamilie im 10. Bezirk in Wien.

Mit nur 23 Jahren promovierte er an der Uni Wien in internationalem Recht
und übernahm 1934, nach dem Tod seines Vaters, dessen Geschäfte. Dieses
gutbürgerliche Leben währte aber nicht lange. Denn kurz darauf kamen die
Nationalsozialisten an die Macht.

Mitsamt seiner Familie kam Paul Weis 1938 ins Konzentrationslager Dachau.
Ihm gelang 1939 die Flucht nach England. Seine Mutter und Schwestern
starben im Lager.

Verfolgt, vertrieben, der eigenen Rechte beraubt und machtlos im Angesicht
des grausamen Mordes an seiner Familie: Diese traumatischen Erfahrungen
prägten Paul Weis und sein Denken. Er beschloss, alles dafür zu tun, andere
vor diesem Schicksal zu bewahren. Und so widmete er sein Leben dem
Schutz geflüchteter Menschen.

Der Völkerrechtler trat in England dem Jüdischen Weltkongress als
Rechtsvertreter bei und war somit führend an der Rückforderung jüdischen
Eigentums in Europa beteiligt. Ebenso verfasste er seine zweite Dissertation
„Nationality and statelessness in international law“ (Staatsangehörigkeit und
Staatenlosigkeit im gegenwertigen Völkerrecht).

Vier Jahre nach Kriegsende wurde Paul Weis erster Schutzdirektor der
Internationalen Flüchtlingsorganisation. Er war stellvertretender Hoher
Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen und Leiter der dortigen
Rechtsabteilung. Dort war er maßgeblich daran beteiligt, jenes Dokument zu
verfassen, das erstmals den Schutz geflüchteter Menschen sicherte – bis
heute: Die Genfer Flüchtlingskonvention.

Dabei lieferte Paul Weis grundlegende Beiträge zum Asyl- und
Flüchtlingsrecht. Erstmals wurde eine allgemein anerkannte Definition
geflüchteter Menschen geschaffen sowie ein weitgreifendes
Flüchtlingsschutzsystem zur Wahrung der Rechte von Flüchtenden
festgelegt. So wurde Paul Weis als „Gründervater des Schutzes“ bekannt.

Bis ins hohe Alter widmete sich Paul Weis in mehreren Funktionen dem
Schutz von Menschen, die aus ihrem Heimatland fliehen mussten. Er starb
am 6. Februar 1991 in Genf, jener Stadt, in der er den Großteil seines
Lebenswerks verrichtete und wo er auch begraben ist. Posthum wurde ihm
der Nansen-Flüchtlingspreis des UNHCR verliehen.

Courage – Mut zur Menschlichkeit hat sich zur Aufgabe gemacht, an diesen
großen Österreicher zu erinnern und sein Beispiel hochzuhalten. Daher
haben wir den Paul Weis Preis ins Leben gerufen, der besondere Verdienste
um die Menschenrechte ehrt. So wollen wir zeigen: Es gibt immer noch viel
Mut, Menschlichkeit und Empathie auf dieser Welt. Und es gibt zahlreiche
Menschen, die sich mit aller Kraft für andere einsetzen – genau wie Paul
Weis es tat.

Rede von Christoph Pinter, Leiter des UNHCR-Büros in Österreich, anlässlich der Paul Weis Preisverleihung 2023 in Wien

Weiterlesen:

https://www.refworld.org/reference/research/unhcr/1990/en/100962

https://international-review.icrc.org/authors/paul-weis

https://www.european-news-agency.de/special_interest/erstmals_paul_weis_preis_in_wien_verliehen-87380/