Liebe Freundinnen und Freunde der Courage,
seit vielen Wochen leben wir mit der dramatischen Berichterstattung aus verschiedenen Kriegs- und Katastrophengebieten und sehen entsetzt die allgegenwärtige Gewalt. Das macht nachdenklich und betroffen, das stimmt manche hoffnungslos. Doch wir wollen helfen.
In den vergangenen Tagen hat uns ein neuer Hilferuf erreicht, über den wir berichten möchten, denn er kommt direkt von der Insel Lesbos. Das brennende Lager Moria auf dieser Insel war einer der Gründungsimpulse für Courage – Mut zur Menschlichkeit. Der Hilferuf kam von Doro Blancke, die mit ihrem Team – unterstützt von vielen Spender*innen – auf Lesbos seit über vier Jahren unermüdlich dafür kämpft, das Leid der Menschen zu lindern. Die andauernde erschreckende Unterversorgung und das unwidersprochene Unrecht, das den (anerkannten) Geflüchteten widerfährt, hat sie bewogen, einen Bericht zur Lage vor Ort zu schreiben – mit einem unmisservständlichen Aufruf zur sofortigen Hilfe.
Darum wird die Initiative Courage ab sofort die Geflüchteten auf der Insel Lesbos über den Verein und das Team von Doro Blancke mit einer Spende im Wert von monatlich 5000 Essensrationen unterstützen. Folgend finden Sie Doro’s Bericht zur Lage vor Ort, als Teil der Courage-Infokampagne über die Auswirkungen der europäischen Asylpolitik am Beispiel Griechenland.
Wir möchten Sie bitten, gemeinsam mit uns dazu beizutragen, Kinder, Frauen und Männer aus Kriegs- und Krisengebieten zu nähren und zu wärmen. Unterstützen wir Doro in ihrem Kampf für die Menschenrechte.
Die Lage auf Lesbos eskaliert
Ein aktueller Bericht von Doro Blancke (Dezember 2023)
Aufgrund der Krisenherde überall auf der Welt und der politischen Herausforderungen in Österreich verschwindet diese grausame und unrechte Situation komplett aus den Medien. Umso mehr ist es unsere Pflicht, auf diese dramatische und unmenschliche Situation aufmerksam zu machen. Denn die Lage auf Lesbos ist eine humanitäre Katastrophe.
Unmenschlichkeit verhindert Integration. Mehr als 85 Prozent der Schutzsuchenden auf Lesbos erhalten Asyl, weil sie aus Kriegs- und Hochrisikogebieten kommen. Durch die Zustände auf Lesbos werden sie gedemütigt, unmenschlich behandelt, krank gemacht und neuerlich traumatisiert. Wie soll daraus eine gut verbundene, leistungsstarke Gemeinschaft wachsen? Wenn Asylsuchende in ihren ersten Jahren in Europa nur Ablehnung, Demütigung und Schmerz erfahren, wird eine integrierende, besonnene Gesellschaftsentwicklung nur schwer gelingen können.
Menschenwürdige Unterbringung, schnelle Verfahren und solidarische Verteilung der Geflüchteten muss oberstes politisches Ziel in der Asyl- und Migrationspolitik sein – zum Wohle von uns allen. Für mehr als 4000 Menschen gibt es im Camp nur kalte Duschen, kaum Heizung, kaum Strom, täglich ein spärliches Essen und im Moment nur zwei Ärzte. Die Menschen haben keine Möglichkeit ihre nasse Kleidung zu trocknen, obwohl es Winter ist, das bedeutet: viel Regen und eiskalter Wind vom Meer. Mehr als 700 Personen (viele Frauen, Kinder, Babys) leben in Massenzelten, ohne Heiz- oder Kochmöglichkeiten. Neuankömmlinge werden in Containern auf Metallbetten zusammengepfercht, oft ohne Matratzen, mit nur einer dünnen, grauen Decke.
Nach 30 Tagen werden die Menschen alleine gelassen. Es ist zu erwarten, dass in den nächsten 30 Tagen viele der 2000 anerkannten Geflüchteten (sprich: Schutzberechtigte) von der Grundversorgung ausgeschlossen werden. Denn 30 Tage nach Erhalt der positiven Entscheidung müssten die Asylberechtigten das Camp verlassen. Nur wohin, ohne Dokumente, ohne Geld, ohne Essen, ohne Unterkunft, ohne Hilfe? In die Obdachlosigkeit, wo bereits Menschen-, Organ- und Drogenhändler warten und die Menschen in der griechischen Landwirtschaft dann für 2,50€ die Stunde ausgebeutet werden.
So viele Menschen können wir beim besten Willen nicht mehr nähren, wärmen, versorgen – es ist Aufgabe des Staates, für die Versorgung dieser Menschen Sorge zu tragen. Durch diese drastischen Maßnahmen will man die Asylberechtigten zur Weiterreise aufs Festland zwingen. Aber auch dort sind die Camps voll – und so landen die Menschen in der Obdachlosigkeit (darunter viele Familien mit Kindern). Es gibt keine Anzeichen dafür, dass ernsthafte Bemühungen unternommen werden, die Geflüchteten beim Aufbau eines selbstständigen Lebens zu unterstützen.
Die Folge dieser unterlassenen Hilfe ist unkontrollierte Sekundärmigration – die Menschen machen sich in ihrer Verzweiflung auf den Weg in andere Mitgliedsstaaten. Alle europäischen Politiker*innen, inkl. der Europäischen Kommission und der Migration Task Force wissen davon, doch zur Besserung der Situation werden lediglich unsinnige, populistische und menschenverachtende Vorschläge präsentiert. „Wir sind irritiert.“, das ist das höchste an Gefühlen, das man dazu äußert! Und das, obwohl vieles davon gegen europäisches Recht verstößt, wie Jurist*innen von Pro Asyl, ECRE, Defence for Children international- Greece immer wieder aufzeigen.
Bereits seit vier Jahren geben wir auf Lesbos unser Bestes – doch wir müssen mit großer Sorge und Unverständnis beobachten, dass sich die Lage hier sukzessive dramatisch verschlechtert. Menschenrechte werden permanent gebrochen, Menschen ihrem Schicksal einfach überlassen, Geflüchtete werden zum Spielball der Politik. Wir fordern sowohl Griechenland als auch die Europäische Kommission und die Mitgliedsstaaten auf, diesen unerträglichen Umständen auf Lesbos ein Ende zu setzen und die Geflüchteten gemäß EU-Recht und unseren Werten entsprechend unterzubringen und zu versorgen.
So kann und darf es nicht bleiben, es ist Unrecht. Liebe Unterstützer*innen, Freund*innen und Interessierte: Wir bitten euch von Herzen um finanzielle Unterstützung für unser Tun. Wir stellen wöchentlich ca. 900 Lebensmittelpakete bereit, bezahlen Arzttermine, Wohnungen für besonders vulnerable Personen, geben Englischunterricht, finanzieren ein Rechtsberatungs-Projekt und versuchen jeden Tag, das Schlimmste zu lindern und ein bisschen Hoffnung zu geben.
Unterstützt die Menschen auf Lesbos mit eurer Spende!
Wir setzen auf eure Hilfe, damit wir wenigstens die nötigsten Bedürfnisse der Menschen in den Camps von Lesbos abdecken können. Danke.
Doro Blancke und Team
Es sind Menschen wie Doro, die uns Mut machen. Damit sie weiterhin für die Menschen auf Lesbos da sein kann, braucht sie unser aller Unterstützung. Daher bitten wir Sie: Helfen Sie Doro, damit Doro vor Ort helfen kann.
Mit herzlichen Grüßen
Katharina Stemberger, Stefan A. Sengl, Judith Kohlenberger und das Team von Courage – Mut zur Menschlichkeit